Anita Summer
Als ich 1995 das letzte Semester der Volkschullehrerausbildung der PÄDAK in Krems besuchte, zeichnete sich bereits ab, dass es im folgenden Herbst kaum freie Stellen in Niederösterreich geben würde. Da ich immer schon von einem Auslandsaufenthalt träumte, packte ich die Gelegenheit beim Schopf und bewarb mich beim Bundesministerium als Sprachassistentin. Ich bekam eine Stelle in Frankreich, wo ich teils in einem Gymnasium, teils in einer technischen berufsbildenden Schule unterrichtete. Anfangs hatte ich Zweifel, ob meine Sprachkenntnisse wohl ausreichen würden. Als ich dann erfuhr, dass ich wegen Lehrermangels in drei Maturaklassen den regulären Deutschunterricht übernehmen sollte, verließ mich ein wenig der Mut. Nach kleineren anfänglichen Schwierigkeiten (man verwies mich mehrmals aus dem Lehrerzimmer, da ich für eine Schülerin gehalten wurde) lief der Unterricht aber ausgezeichnet. Es freute mich besonders zu sehen, dass man mit dem im Volksschullehrerstudium erworbenen didaktischen Wissen tadellos auch in höheren Schulen bestehen kann bzw. in didaktischer Hinsicht sogar Vorteile hat
Nach zwei Unterrichtsjahren in einer niederösterreichischen Volksschule packte mich wieder das Fernweh. Daher nahm ich an einem Lehreraustauschprogramm in Schweden teil. Vom Fixpunkt Uppsala aus besuchte ich 15 verschiedene Gymnasien für jeweils eine Woche und hielt Konversationsstunden. Da das schwedische Schulmodell (Gesamtschule, 95% eines Jahrgangs sollen die Matura erreichen, absolute Integration etc.) bei uns sehr oft als Vorzeigemodell gehandhabt wird, war dieser vielfältige Einblick in den schwedischen Schulalltag überaus interessant, jedoch auch sehr ernüchternd.
Vom „Reisevirus” angesteckt träumte ich davon, ein Jahr in einem lateinamerikanischen Land zu leben und zu unterrichten. Über die Organisation ICYE (International Cultural Youth Exchange) fand sich die Möglichkeit, ein Jahr in Costa Rica als „Volunteer”, also unentgeltlich zu arbeiten. Die relativ hohen Kosten schreckten mich anfangs ab, es fanden sich allerdings einige Sponsoren und im Nachhinein betrachtet hat sich diese Erfahrung auf jeden Fall bezahlt gemacht! Zu Beginn des Unterrichtsjahres wurde ich als Begleitlehrerin für drei behinderte Kinder in einer Vorschulklasse in einem Vorstadtslum von San José eingesetzt. Das war auch die ideale Möglichkeit um Spanisch zu lernen. Sehr beeindruckend war, mit welch einfachen Mitteln gearbeitet wurde und welch einfallsreiche Methoden sich die Lehrerinnen überlegt hatten, um einen regulären Unterricht abhalten zu können. Der Hauptgrund für viele Eltern ihre Kinder überhaupt in die Schule zu schicken, war die kostenlose Mahlzeit, die sie dort erhielten, und daher freute es mich besonders, dass eine niederösterreichische Volksschule die Essenskosten für dieses Schuljahr übernahm. Als mein Spanisch halbwegs sattelfest war, arbeitete ich für eine costaricanische Umweltorganisation und betrieb „Aufklärungsarbeit” bezüglich Müllvermeidung, -trennung etc. – ein Thema, das in diesen Ländern noch in den Kinderschuhen steckt - in zahlreichen Schulen im ganzen Land. Zum Ende des Schuljahres wurden eine Schweizer Kollegin und ich gebeten, eine Lehrplanempfehlung und Arbeitsmaterialien für den Bereich Umwelterziehung (was bis dato im costaricanischen Curriculum nicht existierte) für den Pflichtschulbereich zu verfassen. Wir stürzten uns auf die neue spannende Aufgabe. Unsere Vorschläge wurden dankbar angenommen und sind heute zum Großteil umgesetzt. Was ich in der Zeit in Costa Rica vor allem gelernt habe, ist das Improvisieren und die Tatsache, dass es nicht auf gutes (für viele gleichbedeutend mit teures) Material ankommt, um effektiven und auch anschauungsorientierten Unterricht halten zu können.
>> Info zur Organisation „ICYE – Grenzenlos” anfordern unter icye.austria@blackbox.at
Nun unterrichte ich wieder in Österreich und habe auf Grund der Auslandserfahrungen das österreichische Schulsystem schätzen gelernt. Doch natürlich waren die Auslandsaufenthalte nicht nur auf beruflichem Gebiet eine ungeheure Bereicherung, sondern sie ermöglichen auch einen intensiven und unvergesslichen Einblick in das Leben der Menschen und die Kultur dieser Länder.
Ich kann wirklich nur allen KollegInnen, LehrerstudentInnen oder JunglehrerInnen, die auf eine Anstellung warten, einen solchen Auslandsaufenthalt empfehlen. Es gibt von Österreich aus so viele Möglichkeiten - man braucht sie nur zu nützen!